Hannover
August Baumgarte
August Baumgarte wurde 1904 in Hannover geboren. Der Älteste von vier Kindern wächst in einem sozialdemokratisch orientierten Elternhaus auf. Mit fünfzehn Jahren beginnt er eine Lehre als Schlosser, tritt in die Gewerkschaft und bald darauf auch in die Sozialistische Arbeiterjugend SAJ ein. Mit anderen SAJ-Mitgliedern tritt er 1923 in den “Republikanischen Schutzbund Hannover” ein, eine linke Selbstverteidigungsorganisation, die später im “Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold” aufging. In dieser Zeit ist August Baumgarte oft arbeitslos, er wird zunehmend politisiert. 1926 wechselt er unter dem Eindruck der Wahl des deutschnationalen Hindenburg zum Reichspräsidenten in den kommunistischen Jugendverband über. Er arbeitet bald in der Bezirksleitung des Verbandes mit, wird Betriebesratsvorsitzender in einem großen hannoverschen Metallbetrieb. Dort wird er bei einer Fusion rechtswidrig entlassen, kann sich nun aber voll und ganz der politischen Arbeit widmen. Er ist im “Kampfbund gegen den Faschismus” aktiv, erlebt Straßenkampf und Saalschlachten in der Endphase der Weimarer Republik. Im Herbst 1932 wird er erstmals wegen seiner politischen Aktivitäten verhaftet, muss wegen Mangels an Beweisen aber zunächst freigesprochen werden. Es findet sich allerdings ein anderer Anklagepunkt, so dass er bis Ende des Jahres 1932 in Haft bleibt. Am 28. Februar 1933, dem Morgen nach dem Reichstagsbrand, wird August Baumgarte wieder verhaftet, es liegen annährend zwölf Jahre in den Gefängnissen und Lagern des nationalsozialistischen Deutschland vor ihm.
Am 11. April 1933 wird er in das KZ Moringen eingeliefert, wo er bis zum 18. Oktober bleibt. Er beschreibt seine Haftzeit: “Das Essen war saumäßig, aber man hat immerhin zu essen und zu trinken gehabt, und die Arbeitskommandos brachten auch noch etwas rein und hin und wieder hatte man auch ein Paket, obwohl ich fast keines bekam, denn zu Hause war niemand mehr.” Zwei seiner Brüder waren zu diesem Zeitpunkt ebenfalls inhaftiert, der Dritte musste sich mit Kontakten zurückhalten, da er Lehrer war. Im Herbst wird er in das KZ Esterwegen verlegt, dort erlebt er die SS als willkürlich mordende Bande, ihre Herrschaft nennt er “freies Banditentum”. Da er für einen der Anführer des Moringer Hungerstreiks gehalten wird, hat er besonders zu leiden.
Auf kurze Zeiten in Freiheit, wo er in die Illegalität abtaucht, folgen - verraten von Spitzeln - wieder Zuchthaus und KZ-Haft, so unter anderem in Aschendorfer Moor und in Sachsenhausen. Er lässt sich nicht brechen, baut in den Lagern immer wieder Häftlingsselbstorganisationen mit auf. Im Oktober 1944 wird er mit dem Aktenvermerk “Rückkehr unerwünscht”, was einem Todesurteil gleich kommt, in das KZ Mauthausen deportiert, wo er schließlich 1945 befreit wird.
August Baumgarte ist nach dem Krieg in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN und der KPD aktiv, wird Landessekretär der Partei. Er ist verheiratet und hat kleine Kinder als er in der BRD 1957 zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wird. Mit der Verurteilung verliert er auch alle Entschädigungsansprüche für politisch Verfolgte. Im Verbotsprozess gegen die VVN 1962 begegnet er vor dem Bundesverwaltungsgericht einem SA- und NSDAP-Mitglied als Vorsitzendem Richter, dessen Vergangenheit er aufdeckt. Der Prozess muss ausgesetzt werden und wird schließlich auf Grund der veränderten Gesetzeslage eingestellt. Als Vorsitzender des “Moorsoldatenkommitees” setzt sich August Baumgarte sehr für die Gründung eines Trägervereins ein, dem das heutige Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager DIZ in Papenburg seine Existenz verdankt. August Baumgarte starb 1980.
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